Warum Golfbälle alles wissen! - Kapitel 3: Erster Flug, erstes Fairway

 

Um bei dieser Erzählung auf dem Laufenden zu sein, empfiehlt es sich, die beiden ersten Kapitel dieser Geschichten zu lesen.

Golfbälle wissen alles über uns - Kapitel 1

Ein Prolog über diese Fortsetzungsreihe, in der ein kleiner Golfball aus seinem Leben erzählen wird.

Golfbälle wissen alles über uns - Kapitel 2 

Unser Golfball erzählt über seine Geburt und die Vorbereitungen für seine erste Runde.





 

Harte Schale – Weicher Kern – Die erste Runde  beginnt

 

Ja, gerade hatte ich meinen ersten Schlag von unserem Zuhälter, dem Driver, sehr intensiv zu spüren bekommen. 

Der Schlag presste mich, vor allem aber meine Haut mit ihren Poren, den vielen Dimples, und mein Innenleben kurz aber sehr heftig zusammen. 

Entsetzt, aber noch mehr überrascht von so viel Gewalt sprang ich vom Schläger ab.

 Danach begann ich zu rotieren. Meine Dimpelchen verwirbelten die Luft vor mir, so dass ich meinen wunderbaren Flug über das Fairway ausgiebig genießen konnte.

Unter mir grüßten die Bäume, ein heller Kiesweg schlängelt sich am Fairwayrand, vor mir öffnete sich der Himmel immer weiter, ich konnte bis zu den Bergen sehen, bevor ich meine erste, kurze Reise in einem großen Bogen mit dem Landeanflug zu Ende bringen musste. 

Während des Landevorgangs sah ich eine Spielgruppe auf einem Fairway welche sich duckte, zugleich die Hände über den Kopf hielt.

„Sch…e!“, hörte ich noch ganz entfernt einen unterdrückten Schrei. Danach folge ganz laut der Ruf: „FOOORE!“.

„Wie es mir das Tee prophezeit hatte“, dachte ich während meines Landevorgangs.

Meine Fliehkraft trug mich gerade noch über die Spielgruppe, welche in der Fachsprache Flight heißt, hinweg.

Trotz meiner noch immer hohen Geschwindigkeit landete ich weich auf den kurz gemähten Halmen des Fairways. 

Ich vollführte noch einen Freudensprung. Danach rollte ich gemütlich aus und konnte zurückblicken. 

Weit entfernt sah ich meinen Abschläger, welcher noch den Driver in seinen Händen hielt und mit weit aufgerissenen Augen wohl nach mir suchte.

Dieses erste Erlebnis dürfte für jeden von uns Bällen ein unvergesslicher Augenblick sein. Die Freude und das Hochgefühl über einen gelungenen Flug ist unbeschreiblich.

Manchmal, ich behaupte sogar öfter, muss unser Flug nicht unbedingt mit den Wünschen und Erwartungen unserer Sklaven, den Spielern, übereinstimmen.

Wir Bälle gehorchen. Wir müssen gehorchen.

Wir gehorchen, weil uns nichts anderes übrigbleibt, als der richtungsweisenden Bestimmung des Schlägerblattes bzw. des Kopfes des Drivers oder der Hölzer zu folgen.

 Diese führen genau das aus, was ihr Auftrag am Höhepunkt des Schwungablaufes ist: Uns Bälle zu schlagen. 

Sie wissen oft bereits während des Schwungs was auf uns zukommen könnte, haben jedoch nicht die geringste Chance unser Schicksal zu ändern. 

Warum schrie der Chef so unflätig, wenn ich doch so schön geflogen bin?

Während wir uns über den Flug freuen, beginnen sich oft, schon während des Fluges, unsere Spieler zu ärgern. 

Dabei verlieren sie nicht selten die Contenance. 

Ihr Benehmen gleicht dann dem eines Menschen, welcher jegliche Haltung, die seinem Status mit seinem Benehmen entsprechen sollte, über Bord wirft. 

Dabei wird ab und an auf nichts und niemanden Rücksicht genommmen. 

Am wenigsten auf sich selbst.  

Nach meinem zweiten Flug, erfuhr ich von einem Ballkollegen, ich wäre auf dem falschen Fairway gelandet. 

Das ärgerte nun auch mich.

„Was kann denn ich dafür?“, fragte ich mich.

Wenn ich etwas in meinem Golfballleben gelernt habe, dann dies: Schuld sind entweder wir, die Bälle, der Wind, das Wetter im Allgemeinen, oder die Schläger.

 Niemals, bzw. sehr selten, bekennen sich Spieler/*innen zu ihrem Missgeschick. Noch weniger zum Unvermögen ihrer Spielweise oder dem meist übertriebenen Ehrgeiz.

Dies ist die Grundregel dieses Spieles!

Sollten wir vielleicht doch einmal dort landen, wohin die Herrschaften uns Bälle befördern wollten, dann ist es entweder der Pro, der den Schwung neu ausgerichtet hat, oder die neuen Schläger, welche mit ihrer Flexibilität uns Bälle noch weiter, noch genauer, vermutlich noch fehlerverzeihender fliegen lassen.

Gäbe es für den optimalen Schwung spezielle Medikamente, ich bin mir sicher, unsere Chefs und Chefinnen würden hemmungslos zugreifen, egal, welche Auswirkungen dies auf ihr Wohlbefinden hätte.

Allerdings könnte ich mir durchaus vorstellen, manche Apotheker oder Ärzte würden vor Selbstversuchen nicht zurückschrecken, sofern dies ihrem Spiel, vor allem aber, ihrem Handicap und am Ende ihrer Berufung dienen würde.

Ich wüsste bereits einen Namen für dieses von der Pharmaindustrie noch zu entwickelnde Mittel: SchwuStiGo – Schwungstimulanzien für Golf.

Hinsichtlich Probanden dürfte es in diesem Segment der Pharmaforschung mit Sicherheit nicht fehlen. Vermutlich müssten viele Interessierte abgewiesen werden.

So, nun habe ich meinen ersten Flug hinter mich gebracht. Während ich nun, wenn auch auf dem falsche Fairway auf den weiteren Verlauf der Dinge harre, gehen mir viele Gedanken durch meine inneren Kerne.

Wie schnell fliegen wir Golfbälle

… und wie hoch ist unsere Geschwindigkeit bei der Landung?

Mit welcher Geschwindigkeit trifft mich der Driver? Dieser unbändig gewaltbereite Boss des Golfbags.

 Weder ich noch meine Kollegen möchten jemanden verletzen. Wie oft habe ich später Situationen erleben müssen, bei denen es mir die Dimples zusammengezogen hat.

„Das Schlimmste sind ungeduldige Spieler/*innen, welche auf der Suche nach ihrem Ball fünf bis zehn Meter vor dem oder der Schlagenden stehen und interessiert den Schwung verfolgen. 

Gnade Gott, ein Schlag ginge schief. Aber schuld daran wären ja wieder die Bälle oder wir Schläger“, hat sich später das Eisen Sechs bei mir beschwert.

„Du hast Recht, die Ausreden für einen missglückten Schlag sind unglaublich vielfältig. Mit unserer Beschleunigung von 0 auf 180 bis zu 270 Km/h in einer 15/000el Sekunde ist es kein Geheimnis, welche Wucht wir beim Auftreffen auf ein Hindernis entwickeln würden“, bestätigte der Mizuno Golfball aus Japan die Feststellung des Sechser Eisens.

„Zuerst einmal fliegen wir viel schneller vom Tee weg als die Geschwindigkeit des Drivers im Treffmoment ist. 

Der Grund? 

Wir werden im Treffmoment leicht zusammengepresst.

 Danach, salopp gesagt, katapultieren wir vom Driver weg.

 Laut Guinnes wurde der schnellste Ball im Jahr 2013 mit 349,38 Km/h gemessen“, ergänzte der Driver das Wissen von Mizuno. 

Mizuno ließ sich nicht aus der Ruhe bringen: „Professionelle Spieler mit einer Schwunggeschwindigkeit des Drivers von ca. 180 Km/h schicken uns mit einem Start-Speed von rund 270 Km/h auf die Reise.  

Freizeitgolfer/*innen versuchen verzweifelt ihre Schwunggeschwindigkeit zu verbessern, um mehr Weite zu erzielen. Meistens vergessen sie dabei, auf ihre Gesundheit Rücksicht zu nehmen. 

Dabei könnte es so einfach sein. Wir Bälle genießen jeden schönen Flug, nach einem eleganten, gelungenen Schwung.

„Ob wir nun mehr als 200 Meter fliegen oder bereits nach 140 Metern landen, ist uns egal. Hauptsache wir bleiben im Spiel“, ergänzte Mizuno, unser kleiner runder japanischer Kollege

Wer die Ehre hatte, von technikaffinen Spieler*Innen auf einer Runde geschlagen worden zu sein, kann viel über Masse, Beschleunigung und Widerstand lernen. 

Es geht um die Kinetik, die Bewegungslehre!

Wie wirkt Kraft auf die Bewegungsgröße eines Körpers, unter Berücksichtigung von dessen Masse auf seine Geschwindigkeit? 

Dem Begriff Kinetik liegt die ursprünglich lateinische Bezeichnung "Kinesis" - Bewegung - zu Grunde. 

Ja man lernt vieles aus den Gesprächen unserer spielenden Sklaven. 

"Wenn sie ihr Wissen nur auch regelmäßig ins Spiel einbringen würden", meinte der Putter während einer Spielpause. 

Mich wundert es, von ambitionierten Golftechnikern noch nicht gehört zu haben, „ich habe im  Winter ein Grundsemester Kinetik belegt, um die mechanischen Wirkungen von Kraft, Masse, Bewegung und Widerstand während und nach einem Golfschlag besser umzusetzen.“

Sicher, der Eindruck, der damit erzielt werden könnte, wäre enorm. Jedoch sollte danach auch das Ergebnis des Schlages mit dem erreichten Eindruck in Einklang gebracht werden (können).

Während des Fluges leisten wir Schwerstarbeit. Mit unseren 300 bis 450 Dimples, kleinen Grübchen, verwirbeln wir die Luft. 

Wir schieben die Luft nach einem Abschlag nicht vor uns her; wir wirbeln die Luft vor uns mit den Dimples auseinander, damit wir weniger Widerstand haben. 

So sparen wir Energie. Danach setzen wir mit 40 bis 50 Km/h zur Landung an.

Gerade deshalb sollte das Wort „FORE“ nach einem verunglückten Schlag sofort und sehr laut gerufen, wenn nicht geschrien werden, um gefährdete Spieler*innen rechtzeitig zu warnen.

Auf alle Fälle vor dem sehr oft verwendeten Unwort Sch…e.

Mit einem Durchmesser von mindestens 42,67 mm und einem Gewicht von 45,93 Gramm kann es für Golfer*innen auf einem benachbarten Fairway sehr unangenehm werden, sollten wir gezwungen sein, Kontakt mit dem corporis Humani, dem menschlichen Körper, aufnehmen müssen.

Leider ist es uns nicht möglich, die uns vorgegebene Flugbahn zu ändern, selbst wenn wir Katastrophen auf uns zukommen sehen. 

Wir sind abhängig vom Schwung unserer Enthusiasten, welchen der unbändige Ehrgeiz sehr oft zuflüstert, der vorsichtigeren Vernunft die kalte Schulter zu zeigen.

 

Ehrgeiz und Vernunft, ...

... zwei Eigenschaften, welche unterschiedliche Gehirnhälften unserer Swingakropaten in Anspruch nehmen. 

Vermutlich treffen beide auf ihrem Weg zum Ort ihrer Befehlsausführung selten zusammen, um sich rechtzeitig abzusprechen. 

Gerade beim Golfspiel sollten, nein, müssen Ehrgeiz und Vernunft eine Gemeinschaft bilden. 

"Das beste Beispiel ist Bernhard Langer", dozierte ein guter Golfer als ihn Spielpartner auf der Runde fragte, wie er seine Runden plane."

"Er dürft einer der wenigen Menschen sein, deren limbisches System im Gehirn alle emotionalen Erinnerungen ebenso speichert wie das Affektverhalten. 

Ihm gelingt es dem Ehrgeiz die Zügel der Vernunft anzulegen. Je nach Situation und Erfordenis lässt er diese Zügel locker oder strafft sie.

Allerdings mit dem Unterschied zu vielen anderen Menschen: Er pflegt als ambitionierter Mensch die 13 Merkmale des positiven Ehrgeizes und eliminiert regelmäßig alle negativen Merkmale des Ehrgeizes mit der Kraft seiner Vernunft.

Genau das ist es, was einem sehr guten Golfer hilft, seine Leistung über Jahrzehnte auf einem Top-Level zu halten."

Gerne hätten wir diesem Vortrag noch länger gelauscht, doch unsere Aufgabe ist, so oft wie möglich zu fliegen, ab und an zu rollen und ja, auf dem Grün zu "fallen". 

 

Zurück zu dieser, meiner ersten Runde.

 

Fairwayschläge …

… verlangen Planung. Vor allem aber ehrliche Selbsteinschätzung unserer Spieler*Innen.

Die Entscheidung, zwischen Fairwayholz oder Eisen zu wählen fällt vielen schwer. 

 Warum?

"Weit, weiter, am Weitesten."

Die Deklination dieses Begriffes verführt beim Golf oft zu zwanghaften Verhaltensweisen.

Die Gier, den Score, also die Anzahl der Schläge zu minimieren, lässt sehr oft jede bessere Variante im Bag stecken.

Statt die Lage es Balles, die Standposition zum Ball und die in der Entfernung lauernden Gefahrenherde zu analysieren, fordert der Wunsch nach Weite das Risiko heraus.

Ich hatte, wie erwähnt, Glück. 

Mein Chef versuchte nicht, mich mit unbändiger Kraft und noch mehr Gewalt über eine Baumgruppe zu schlagen.

Das Eisen 8 beförderte mich sanft auf das zu bespielende Fairway zurück.

„Als Retter in der Not kommen das Sandwedge, der Pitcher, das Eisen 9 und ich immer wieder zum Einsatz“, flüsterte mir das Eisen 8 kurz vor dem Schlag zu." 

 Interessiert hörte ich weiter zu.

„Uns kann man auch die Psychologen des Spiels nennen“, meinte es. 

„Mit unserer Nähe zum Ball und zu den Spieler*/innen sind wir die Seelenberuhiger. Mit unserer Flexibilität bei vielen Schwungvarianten streicheln wir die Seele unserer Spieler/*innen.“

Vor dem dritten Schlag bedankten sich die Fairwayhölzer beim Eisen 8. „Gute Vorarbeit. Vor allem liegt er ideal für den Schlag bis kurz vor das Grün, ohne dass wir extrem belastet werden müssen.“

Später erklärten mir Hölzer und Eisen, sie stünden in keinem Fall in Konkurrenz. 

"Manchmal sollten unsere Chefs auf die Kraftübertragung des Schwungs mit einem Holz verzichten, um mit einem Eisen über einen eleganten Halbschwung die sichere Variante des Schlages mit einem weniger weiten Ballflug wählen."

Die Gefahr eines Verlustes meiner Wenigkeit oder der Flug in eine ungewünschte Richtung wird so vermieden.

Lange Rede kurzer Sinn: das Holz 7 beförderte mich elegant ungefähr sechzig Meter vor das Grün. Die Fahne war allerdings genau hinter dem Sandbunker positioniert.

In solchen Situationen sind Selbsteinschätzung, Planung aber auch intensive, situative Prüfung der Lage in kurzer Zeit in Einklang zu bringen. 

Zweifel am Erfolg eines schwierigen Schlages sollten das Pendel Richtung Vorsicht und Sicherheit ausschlagen lassen.

Nur mit KALKULIERTEM RISIKO die Fahne anvisieren!


Pitch und Chip: Blattschuss auf das Green!

Mehr zur Greenmitte tendieren!

Damit wird der Psychologie folgend, ‚Druck aus dem Kessel gelassen‘.

Mein Chef machte einen kleinen, aber sehr entscheidenden Fehler. Das Divot flog weit, ich rollte ein kurzes Stück.

Was war der Grund? 

Vor lauter Neugier oder auch Angst vor einem Fehlschlag, begannen die Augen dem Schwung es Schlägers zu folgen.

 Mit der leichten Kopfbewegung kam der Schwung aus dem Gleichgewicht. Von den hunderten von Muskeln, welche wie ein Uhrwerkt ineinander greifen müssen, kommen wenige ins Stocken bzw. tanzen aus der Reihe. 

Daher, bei jedem Schwung: Augen auf den Ball, während des Ausholens fixieren die Augen immer noch den Ball. Auch während des Abschwungs klebt der Blick auf dem Ball. 

Ist der Ball getroffen, blicken die Augen immer noch auf die Stelle, auf der der Ball gelegen hat. 

Erst wenn der Durchschwung zu Ende gebracht wurde, kann dem Ball entspannt nachgesehen werden. 

Ich spürte es. 

Der Druck stieg noch höher. 

Gott sei Dank gelang mit dem Eisen P, dem Pitcher, der nächste Schlag. 

Am Rand des Grüns rollte ich aus.

 

Endlich auf dem Grün bzw. Green.

Putten, die Königsdisziplin des Golfspiels

Nach dem fünften Flug, war mein Landeplatz ein weicher Rasenteppich. Ich lag endlich auf dem Grün bzw. Green, dem Himmel der Golfer. Ob sich die Tür zum Paradies öffnet oder der Teufel seine Finger im Spiel hat, entscheiden die erforderlichen Putts.

Die Fahne grüßte mich aus einer Entfernung von ungefähr 6 Metern.

Sie glauben gar nicht, was auf diesen 6 Metern, dem Weg zur Fahne, alles zu beachten ist. 

Dort beginnt für unsere Spieler/*innen das Spiel der Psyche mit dem Druck des Erfolges.

 Auf einer anderen Liegewiese würden Menschen von einem Vorspiel sprechen. 

Wobei die Lust auf dieser grünen, weichen Fläche bei vielen die Gier auf den sogenannten Quickie weckt. 

Also ein Schlag und fertig. Leider klappt das nicht sehr oft.

Statt Gefühl und Verstand mit Ball, Lage, Gras, Wetter und Putter für den Schwung in Einklang zu bringen, vermittelt manches Verhalten Ungeduld, gepaart mit Hoffnung auf das schnelle Glück.   

Putten nennen die Spieler*innen dieses sanfte, manchmal grausame Vorspiel, bevor mit dem Ausfüllen der Score Karten die Erregung der Gefühle wieder auf das Normalmaß des Empfindens zurückgeführt wird.

Mein Chef musste zum Putt antreten. Damals wusste ich noch nichts von der Vorbereitungsphase für den Putt. 

Ich wollte einfach nur rollen und genießen. 

Hierfür tat ich mein Bestes, rollte über die Halme, versuchte die Kurve zur Fahnenstange zu finden. 

Eine kleine Bodenunebenheit hatte mich abgelenkt. 

Nach dem dritten Versuch meines Chefs fiel ich endlich in das von allen Golfern am Ende des Fairways ersehnte Loch.

Danach wurde kräftig über mein Rollverhalten geschimpft.

 Dabei hatte ich es genossen, über die weiche Grasmatte geschoben zu werden, und zwar genau so, wie es mir vom Putter, dem verlängerten Zeigefinger meines Chefs, vorgeschrieben worden war.

Die leichte Feuchtigkeit des Resttaues auf dem Gras wurde von ihm beim vorletzten Putt leider vergessen. 

Während des Rollens, noch leicht an den gestutzten Halmen klebend, verlor ich zu viel Energie. 

Es reichte nicht ganz, um ins Loch zu rollen. 

Als Entschädigung dafür habe ich eine glitzernde, kleine Wasserfontäne hinter mir hergezogen, welche leider von allen ignoriert worden war.

Der zweite Putt, nur ein Meter zum Grün, wurde zum Fiasko.

Warum?

Der Weg auf dem Grün zum Loch war leider nicht eben. Es ging bergab und der Weg den ich rollen musste, führte, meiner Schwerkraft geschuldet, direkt am Loch vorbei. Es war die schiefe Ebene die übersehen worden war.

Der Putter schimpfte danach über seinen Chef. 

"Er lernt es einfach nicht. Meine Schlagfläche hat drei Zonen. Die in der Mitte ist für ebenes Gelände. Meine "Ferse, die hintere Zone für Putts welche bergan ausgeführt werden müssen. Und die Spitze, also die vordere Zone sollte für Putts verwendet werden, wenn der Ball bergab geputtet werden soll."

Putten ist eine Kunst, welche nur in langen, einsamen Stunden auf Übungsgreens Spieler zu Meistern formt.

Wer als Meister an sich weiterarbeitet, kann es zum Künstler bringen, welcher jeden Putt als Schöpfung der Golfkunst betrachtet.    

 

Score-Karten, die Patientenblätter der Golfer*/innen

Am nächsten Abschlag waren die Score Karten, die Zählkarten, auszufüllen.

Einzutragen sind die tatsächliche erfolgten Schläge je Spielbahn. 

Diskussionspunkt, die Anzahl von sieben oder acht Schlägen. 

Mein Chef wollte es partout nicht wahrhaben, dass vor den drei Putts noch ein Chip erforderlich gewesen war, um mich auf dem weichen Grün landen zu lassen. 

Erst als ihm sein Zähler das kleine Stück Rasen zeigte, welches dabei aus dem Boden geschlagen worden war, durfte der Bleistift endlich die 8 schreiben.

Golfer/*innen lieben das Zählen ihrer Schläge. 

Wie Masochisten, welche demütig darum bitten, intensiv gequält zu werden. 

Vermutlich entsteht dadurch der Zwang, auch auf Spaßrunden die Scorekarte zu zücken, um sich selbst zu quälen. 

Das Zusammenspiel Masochist - Sadist kann kaum besser als mit diesem kurzen Dialog in drei Worten erklärt werden: ein Masochist fordert einen Sadisten auf: „Quäl mich“. Der Sadist antwortet voller Lust: „Nein“.  

Jeder Schlag der Spieler wird gezählt, auch wenn es noch so schmerzt. 

Bei Turnieren zählen sich die Spieler gegenseitig. 

Das Addieren der Schläge sollte optimal ablaufen. 

Unter optimal verstehen manche Spieler, der Zähler bestätigt die vom Spieler errechnete Zahl an Schlägen unwidersprochen.

Wie beim Kopfrechnen in der Schule ergeben sich dabei des öfteren kleinere Differenzen. 

Mit psychologischem Einfühlungsvermögen, begleitet von meist ‚diplomatischsten‘ Dialogen, können diese Rechenfehler meist wieder behoben werden.

„Mensch ärgere dich nicht.“ Dieses Spiel ist jedem bekannt.

 Jeder musste schon leidvoll erfahren, wie hart es sein kann, kurz vor dem Häuschen wieder rausgewürfelt worden zu sein.

 Ähnlich verhält es sich beim Abgeben der Score-Karten.

 Irgendwie hat jemand Anders auf der Runde mehr Glück gehabt und weniger Schläge benötigt. 

Unsere Spieler*/innen sehen sich danach gezwungen, mehr, intensiver und noch verbissener zu trainieren. 

Dabei vergessen sie, Golf soll der Entspannung und Koordination von Körper und Geist dienen! 

Nicht jedoch der ungesunden Welt Stress, in der Anspannung und Unzufriedenheit ihre Heimat gefunden haben.

 

 Fortsetzung: Kapitel 4 in Bearbeitung!

Verlust, Abschied, Trennung, neuer Partner: Das Risiko des Ehrgeizes!

 

Kommentare

Azubis - was ist versichert?

Vorsorgen für das Alter - Warum so kompliziert?

Auszubildende (AZUBIS) - welche Versicherungen?

"Wahlen? Kruzifix, macht endlich mal!" Eine Rede ...

Bloggen, weil ...

Demokratie - Nur noch Fankultur oder Verantwortung?

Putten - Königsdisziplin

Abschlag: Warum mit Kraft?

Grazile Kunst: Chippen und Pitchen

Sehnsucht, Gier und wir

Leben in München: Brotzeit contra Globalisierung