Kind geboren - wie ist Mutter/Vater versichert?
Wie sind die Eltern versichert?
Krankenversicherung
Rentenversicherung
Arbeitslosenversicherung
Privat Versicherungen
Während meinen Vorträgen, welche ich aus beruflichen Gründen halten musste, waren viele Frauen ganz erstaunt, welche Anrechte sie haben, von denen sie aber noch nie etwas gehört hatten.
Klar, während der Schwangerschaft und nach der Geburt des ersehnten Nachwuchses geht es in erster Linie darum den Tagesablauf, welcher plötzlich einen ganz anderen Rhythmus erhält, zu managen, um sich dem Nachwuchs und der Familie zu widmen.
Neben der Frage, „wie und bei wem ist denn der Nachwuchs bzw. die Kinder nun krankenversichert sind“, stehen die weiteren Fragen zu Ansprüchen aus der Rentenversicherung und Arbeitslosenversicherung meist im Hintergrund bzw. werden gar nicht ins Auge gefasst.
In diesem Beitrag versuche ich diese Fragen zu bündeln und zu klären.
Kurz zusammengefasst für Schnellleser:
1. Ich befasse mich in diesem Artikel mit dem Thema Kindererziehung: „Versicherungsansprüche für Mütter – prüfen und erhalten“.
Dabei geht es um
- die Krankenversicherung,
- die Rentenversicherung
- und die Arbeitslosenversicherung.
2. Zusätzlich werfe ich noch einen Blick auf die Unfallversicherung.
3. Handlungszeitraum sind die ersten 10 Jahre nach der Geburt der Kinder.
4. Zusätzlich ein kleiner Führer mit Informationen für den "allgemeinen Versicherungsdschungel".
I. Krankenversicherung
Beginnen wir mit der Krankenversicherung, die wohl für alle in erster Linie in Frage kommende Versicherung.
Hier gilt es zu unterscheiden: gesetzlich versichert oder privat versichert?
Erste Frage: Vor dem Mutterschutz gesetzlich versichert?
Wird diese Frage mit JA beantwortet, ergibt sich folgendes:
Während den Mutterschutzfristen vor und nach der Geburt bleibt die Krankenversicherung beitragsfrei bestehen.
Dies gilt auch währen der Elternzeit, wenn vor der Elternzeit eine Pflichtversicherung bei der gesetzlichen Krankenversicherung bestand.
Es empfiehlt sich, bei der Krankenkasse nachzufragen, wie lange diese Beitragsfreiheit bestehen bleibt, wenn die Elternzeit zwischen Vater und Mutter aufgeteilt werden soll.
Zusätzlich gilt es zu klären, ob die Familienversicherung der gesetzlichen Krankenkasse greift.
Ist der Vater gesetzlich krankenversichert, dann sind Mutter und Kind im Normalfall beim Vater über die Familienversicherung mitversichert.
Umgekehrt könnte auch der Vater bei der Ehefrau in der Familienversicherung versichert sein, falls der Vater die Elternzeit in Anspruch nimmt.
Die Verbraucherzentrale bietet dazu einen guten Überblick.
Zweite Frage: Vor dem Mutterschutz nicht gesetzlich versichert?
1. Hier gilt es zu klären, ob eine Familienversicherung über die gesetzliche Krankenkasse für Ehepartner und Kinder greifen könnte.
Hier gleich das Entscheidende im Voraus:
Ehegatten und Lebenspartner, die zu Beginn der Mutterschutzfrist nicht in der gesetzlichen Krankenversicherung versichert waren, können nicht über die Familienversicherung mitversichert werden. Dies gilt auch für den Beginn der Elternzeit.
Dritte Frage: Wenn die Familienversicherung nicht greift, was dann?
Es ist zu klären,
bei welcher Versicherung das Kind mitversichert werden soll und bei welcher
Versicherung die Ehefrau/der Ehemann versichert werden muss bzw. versichert werden soll. Auch dazu findet man Antworten bei der Verbraucherzentrale.
II. Rentenversicherung
„Was hat denn Kindererziehung jetzt mit Rentenversicherung zu tun?“, habe ich immer zu hören bekommen. „Wer weiß, ob wir überhaupt noch eine Rente bekommen werden“, das war der nächste Satz.
Wenn ich dann erklärt habe, dass gerade währen der Zeit der Kinderziehung die Frage der Erwerbsminderung über die Rentenversicherung abgesichert sei, wurden die Rufe leiser.
Erstaunt waren manche, als ihnen erklärt wurde, sie hätten durch die Kindererziehung sogar einen Renten- oder Reha-Anspruch erworben.
Gehen wir das Ganze der Reihe nach an.
In der Rentenversicherung gibt es
die Kinderziehungszeit und
die Kinderberücksichtigungszeit.
Beide Zeiten mit bedeutender Auswirkung auf Rentenansprüche und Rentenanwartschaften, evtl. auch auf Rehabilitationsanrechte.
Ein gute Zusammenfassung für Kindererziehungszeiten und Kinderberücksichtigungszeiten bietet die Broschüre "Kindererziehung - Ihr Plus für die Rente", von der Deutschen Rentenversicherung.
Schauen wir uns diese Zeiten etwas genauer an.
1. Die Kindererziehungszeit und Rente
Für jedes Kind das ab dem 1.1.1992 geboren und erzogen wird, werden in der Rentenversicherung 3 Jahre Beitragszeit gutgeschrieben.
Es ist so, als hätten die Mütter (oder die Väter, je nachdem wem die Kindererziehungszeit zugeteilt werden soll) 3 Jahre gearbeitet
Im Jahr
2021sind das 41.541,00 €. Das ergibt eine monatliche Rentensteigerung von 34.13
€. (entspricht einem Entgeltpunkt)
Für drei Jahre Kindererziehungszeit würde das nach derzeitigem Wert eine Rentensteigerung von 102,39 € ergeben.
Nach derzeitigem Wert deshalb, weil der Betrag bei Rentenanpassungen wieder steigt und somit an der Wertsteigerung der Renteneinzahlungen teilnimmt.
Auf Seite 9 der "Zahlen und Tabellen" der gesetzlichen Rentenversicherung kann dies nachgelesen werden.
Jedes Jahr werden die Zahlen und Tabellen der gesetzlichen Rentenversicherung den gesetzlichen Änderungen angepasst.
Hat die
Mutter oder der Vater während der Kindererziehungszeit gearbeitet, werden die
Werte dem Verdienst zugeschlagen. Allerdings gibt es eine Höchstgrenze: Die
Beitragsbemessungsgrenze. Im Jahr 2021 beträgt diese Obergrenze 85.200 €.
Ebenfalls nachzulesen in den Zahlen und Tabellen auf den Seiten 4 und 5.
(Für Kinder, die vor dem 1.1.1992 geboren worden sind, gab es ursprünglich nur ein Jahr Kindererziehungszeit. Danach hat es einige Änderungen für Rentner und Versicherte gegeben.
Es folgten die Mütterrente 1
und die Mütterrente 2. Jetzt werden für
Kindererziehung vor 1992 dreißig Monate Kindererziehung berücksichtigt.) Siehe auch die Broschüre "Kindererziehung - Ihr Plus für die Rente" von der Deutschen Rentenversicherung.
Bitte
beachten Sie, dass in Deutschland zwischen „Ost“ und „West“ noch Unterschiede
in der Rentenhöhe bestehen. Dies wirkt sich auch noch beim Wert der
Kindererziehungszeiten aus.Siehe hierzu auch Seite 18 der Broschüre.
Drei Jahre Kindererziehungszeit werden Arbeitszeiten mit allen Konsequenzen gleichgestellt.
Kommen weitere Kinder dazu, werden für jedes Kind 3 Jahre Pflichtbeiträge der Rentenversicherung mit den genannten Verdiensten gutgeschrieben.
Fakt ist: der Rentenanspruch steigt während und mit der Kindererziehung.
2. Berücksichtungszeiten für Kindererziehung
Neben den Kindererziehungszeiten gibt es in der ges. Rentenversicherung zusätzlich Berücksichtigungszeiten für Kindererziehung.
Die Berücksichtigungszeit beginnt mit der Geburt und endet mit dem 10. Lebensjahr des Kindes.
Allerdings werden Berücksichtigungszeiten bei mehreren Kindern nicht addiert bzw. hintereinandergelegt, sondern die Berücksichtigungszeit beginnt mit der Geburt des ältesten Kindes und endet mit dem 10. Lebensjahr (Geburtstag) des jüngsten Kindes.
Kinderberücksichtigungszeiten haben drei Funktionen:
a) Sie wirken anwartschaftserhaltend für Renten wegen Erwerbsminderung.
b) Sie werden für Altersrenten bei den Wartezeiten von 45 Jahren und 35 Jahren berücksichtigt.
c) Daneben finden Berücksichtigungszeiten noch Eingang in die Rentenberechnung hinsichtlich der Bewertung von Beitragsfreien Zeiten, wie z. B. Schul- und Studienzeiten sowie für Arbeitsunfähigkeits- bzw. Krankheitszeiten ohne Beitragsleistung der Krankenversicherung und Arbeitslosigkeitszeiten ohne Beitragsleistung.
Einige Erläuterungen zu den einzelnen Punkten
Zu Punkt a) Anwartschaftserhaltung für Erwerbsminderungsrisiko
Gerade dieser Punkt sollte nach der Geburt des Kindes bei der Rentenversicherung abgeklärt werden.
Hat die Mutter bis zur Geburt des Kindes bereits 5 Jahre Beitragszeit in der Rentenversicherung besteht für sie ein Anspruch auf Rente wegen Erwerbsminderung, wenn sie in den letzten 5 Jahren vor der Geburt 36 Kalendermonate mit Pflichtbeiträgen belegt hat.
Bis zum 10. Lebensjahr des Kindes bleibt dieser Anspruch wegen der Berücksichtigungszeit erhalten. Im Extremfall kann dies bis zum 12. Lebensjahr des Kindes so sein.
Hat die Mutter in den letzten 5 Jahren vor der Geburt zwar die 5 Jahre Beitragszeit, aber nicht die erforderlichen 36 Kalendermonate Pflichtbeiträge in den letzten 5 Jahren vor der Geburt, dann kann mit den Kindererziehungszeiten der Anspruch wieder aufleben. Zusätzlich bleibt nach dem Wiederaufleben der Anspruch ebenfalls bis zum 10. Lebensjahr des Kindes erhalten.
Beratung! Bitte lassen Sie sich von der Rentenversicherung nach der Geburt Ihrer Kinder beraten, um Ihre Ansprüche zu klären und die Entscheidung der Zuordnung von Kindererziehungszeiten und Berücksichtigungszeiten danach richtig zu treffen.
Zur Information: Die Broschüre der gesetzlichen Rentenversicherung zur Erwerbsminderung: "Erwerbsminderung - das Netz für alle Fälle".
Wichtig!
Überprüfen Sie dabei auch gleich Ihre Berufsunfähigkeitsversicherung, sollte eine solche bestehen!
Sollte bereits eine Berufsunfähigkeitsversicherung bestehen, muss! mit der Versicherung die neue, „berufliche“ Situation geklärt werden, um nicht umsonst Beiträge zu entrichten.
Für Mütter und Hausfrauen ist es schwer, den passenden Berufsunfähigkeitsschutz zu bekommen, da Mutter oder Hausfrau nicht als Beruf anerkannt ist.
Gute Informationen liefert dazu
wieder Julia Rieder in ihrem Beitrag unter Punkt 2 bei "Finanztipp Berufsunfähigkeitsversicherung". "Wer einen Haushalt führt bekommt schwer BU-Schutz".
Beratung: Lassen
Sie sich von der Rentenversicherung berechnen, wie hoch ihr Rentenanspruch im
Falle der Erwerbsminderung wäre und erkundigen Sie sich danach beim Berufsunfähigkeitsversicherer nach ihren Beiträgen.
Auch wenn die Zeit für eine Altersrente noch in weiter Ferne liegen mag, so sollte doch geklärt werden, welche Bedeutung Kindererziehung für den Anspruch auf Altersrente haben kann oder zumindest haben könnte.
Leider ist der Gesetzgeber, also die jeweilige Bundesregierung bzw. der Bundestag, in der Weitsicht seiner Entscheidungen ab und zu doch etwas undurchsichtig.
Bis heute können viele nicht verstehen, warum Ende der 90er Jahre die Altersrente für Frauen (mit einer Übergangszeit) gänzlich abgeschafft worden ist.
Die wenigsten weiblichen Mitglieder des Parlaments haben damals dagegen ihre Stimme erhoben.
So kam es zur Entscheidung, die spezielle Altersrente für Frauen abzuschaffen. Diese war ursprünglich wegen der Doppelbelastung Haushalt und Familie eingeführt worden.
Frauen konnten bis zum damaligen Zeitpunkt bereits mit 60 Jahren in Rente gehen, wenn sie nach dem 40. Lebensjahr mehr als 10 Jahre gearbeitet und insgesamt 15 Jahre in die Rentenversicherung eingezahlt hatten.
Ursprünglich war noch geplant, diese Rente ebenfalls schrittweise anzuheben.
Selbständige sollten prüfen, ob evtl. eine freiwillige Arbeitslosenversicherung einkalkuliert werden sollte.
Auf alle Fälle sollte geklärt werden, ob und ab wann evtl. eine freiwillige Weiterversicherung bei der Bundesagentur für Arbeit erforderlich sein könnte.
IV. Der Versicherungsdschungel
Welche Versicherungen brauchen Eltern?
Welche das Kind?
Welche Versicherungen sind nicht erforderlich?
Dieser informative Überblick könnte weiterhelfen!
Hier könnte man tagelang diskutieren, ohne zu einem Ende zu kommen.
Zum einen sollte das Geld nicht zum Fenster rausgeschmissen werden, zum anderen möchten alle zu vernünftigen Konditionen abgesichert sein.
Eine schwierige Entscheidungssituation baut sich hier auf.
Es sollten erst die finanziellen Möglichkeiten geprüft werden, um die optimalsten Entscheidungen treffen zu können.
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