Fußball - Der Spielmacher im Wandel der Zeit

 

 


Defensiv oder offensiv? 


Der Spielmacher im Fußball war in den 50er und 60er Jahren der unumschränkte "Herrscher" im Mittelfeld des Fußballplatzes.

Er verdankte dieses Alleinstellungsmerkmal seiner Technik, seinem Spielverständnis und, nicht zu vergessen, seiner meist sehr positiven und dabei natürlichen Erscheinung.

Er war der "Leader" seiner Mannschaft auf dem Feld, der verlängerte Arm des Trainers hinsichtlich Taktik und Aufstellung.

An ihm richteten sich die anderen Mitspieler auf, waren bereit für ihn zu rennen und zu ackern, denn er bestimmte die Strategie der Mannschaft mit dem Trainer, war als Anspielstation Dreh- und Angelpunkt des Spiels und kämpfte selbst als Vorbild in der Defensive.

Wer waren bis in die 70er Jahre diese Vorbilder?

Beginnen wir mit FRITZ WALTER, dem Kapitän der deutschen Nationalmannschaft, der seine Karriere mit dem Weltmeistertitel krönte.

Zu dieser Zeit begann auch der Stern von FERENC PUSKAS am Himmel der Spielmacher hell zu leuchten. 

Der hellste Stern der Spielmacher leuchtet noch immer: Edson Arantes do Nascimento, genannt PELE, startete seine Karriere 1958 in Schweden als 17jähriger mit dem Weltmeistertitel den er noch zweimal (1962 und 1970) gewann.


In den 60er Jahren dürften neben PELE die drei Italiener SANDRO Mazzola, GIGI RIVA, SANDRO FACCHETTI und HELMUT HALLER ebenso wie BOBBY CHARLTON zusammen mit dem Portugiesen EUSEBIO die prägenden Figuren des Spielmachers gewesen sein.

Zu dieser Zeit war der Fußball von striktem Positionsspiel geprägt: Verteidiger, Libero, Vorstopper, linkes Mittelfeld, rechtes Mittelfeld, Rechtsaußen, Linksaußen und Mittelstürmer.

Stürmer mussten nur selten in der Anwehr aushelfen, Verteidiger schalteten sich nicht sehr oft in das Offensivspiel ein.

Im Mittelfeld befand sich der kreativ-küntlerische Bereich der Mannschaft, die Ingenieure, die anderen Positionen waren mit "Facharbeitern" besetzt.


Mitte der 60er begannen in Deutschland GÜNTER NETZER, WOLFGANG OVERATH und FRANZ BECKENBAUER die Rolle des Spielmachers neu zu definieren.

Sie waren ausgezeichnete Einzelspieler mit Weltklasseformat. 

Der sportliche Fortschritt und die technische Weiterentwichlung der Spieler auf anderen Positionen, ebenso die taktische Evolution des Fußballs, erforderten eine neue Sichtweise  der Spielmacher.

Der Fußball war schneller, athletischer und körperlich betonter geworden.

Bedingt durch den neuen Beruf Profifußball.

Zusätzlich fanden viele "fußballerische Facharbeiter" an der kreativen Fortentwicklung ihrer Position und ihrer damit verbundenen Fähigkeiten großen Gefallen

Spielmacher benötigten kongeniale Partner, welche, die für sie entweder in der Abwehr mithelfen oder im Mittelfeld als Raumdecker dafür sorgen mussten, für das Spiel des Gegners die Räume eng zu machen.

Am fortschrittlichsten waren dabei der FC Bayern und Borussia Mönchengladbach.

Wobei der FC Bayern bereits einen Schritt weiter war, was vor allem an der Zusammenstellung des Teams an Udo Lattek lag.

Erstens war Beckenbauer der erste spielgestaltende Libero, das Herz der Mannschaft, ULI HOENEß die Lunge im Mittelfeld, GERD MÜLLER ein Stürmer mit genialem Spielverständnis und Torriecher und, jetzt kommt es, PAUL BREITNER der erste Verteidiger, welcher sich regelmäßig in das Flügelspiel einbrachte und sich mit dem Außenstürmer hinsichtlich Defensive absprach.

Dazu kam der Torwart SEPP MAIER, der nicht nur als Torwart Weltklasse war, sondern im Training manchen Mannschaftskameraden mit seiner Spielübersicht als Feldspieler zum Wahnsinn treiben konnte.

Kurz gesagt, es begann das Zeitalter der "Positionsspielmacher"!

Die Statik des Positionsspiels wich der Flexibilität der Erfordernisse.

Damit meine ich, es waren mehrere Spielmacher in einer Mannschaft auf dem Platz, welche je nach Taktik und Aufstellung des Gegners das Spiel von ihrer Position aus steuern konten.

Das macht diese Mannschaften unberechenbarer und zugleich beweglicher.

In jeder Spitzenmannschaft waren mindestens drei bis fünf Positionsspielmacher zu finden.

Beim FC Bayern waren das in den 70ern Franz Beckenbauer, Uli Hoeneß, Paul Breitner und sogar Sepp Maier.

Bei Gladbach Günther Netzer, Jupp Heynckes, Hacki Wimmer Herbert Laumen und auch Berti Vogts.

Bei Schalke Klaus Fichtel, die Kremersbrüder und Klaus Fischer.


Diese Spielweise erhielt mit der immer besseren Ausbildung des Nachwuchses und der internationalen Spielersuche einen neue Dimension.


Heute stehen in Spitzenmannschaften immer 11 Spielmacher auf dem Platz.

Entsprechend sind die Kosten bzw. der Wert  für diese Spieler gestiegen.

Die erste Mannschaft in Deutschland, welche dieses Prinzip derzeit perfekt umsetzt ist ... nein, nicht der FC Bayern, es ist Bayer Leverkusen mit dem genialen Trainer Alonso.

Er versteht es, die Lenkung Spiel mehrmals in den 90 Minuten auf unterschiedliche Schultern zu verlagern, so dass am Ende ausreichen Kraft für alle vorhanden ist, um entweder ein Spiel noch zu gewinnen oder eine Führung kräftesparend zu verteidigen.

Wer das Passspiel von Leverkusen und die Ballannahme beobachtet, wird fast einen Klassenunterschied zu anderen Mannschaften feststellen: Knallhartes Passspiel, sichere Ballannahme und dabei körperliche Beweglichkeit, gleich einer Raubkatze.


Genau das, was Leverkusen derzeit praktiziert, haben Real Madrid und der FC Barcelona mit ihren Spitzenspielmachern, allen voran Messi  und Alonso, aber auch Toni Kroos, Butrageno, Luca Modric, um nur einige zu nenen, bereits vor Jahren praktiziert.

Besonders hervorzuheben ist hier Marcello, ein genialer Verteidiger, welcher Real von der linken Verteidigerseite aus als Spielmacher der linken Seite in schwierigsten Situationen immer geholfen hat, Titel zu gewinnen.


Was will ich damit sagen?

Die Zeit der klassischen Spielmacher ist der Zeit 11 Spielmacher gewichen.

Heute ist es nicht mehr entscheidend, wer das Spiel lenkt, heute ist entscheidend, dass sich 11 Spieler als Spielmacher einig sind, wann und wo sie die Situationen finden, um den oder die am besten Positionierten zu bedienen.


Bei Real und Leverkusen ist man bereits wieder einen Schritt weiter: Selbst von der Bank kommen Spielmacher, welche wie ein Zahnrad im Getriebe sofort funktionieren, ohne dass ein Bruch im Spiel zu bemerken ist.


Und jetzt kommt das Entscheidende: Leider sind manche Trainer noch nicht so weit, um sich dieser neuen Situation anzupassen und alle Spieler eines Teams auf ihre Aufgabe passend vorzubereiten.


Lernen wir von Alonso und Ancelotti, aber auch von Jürgen Klopp: Die Zukunft des Fußballs wird von der Fähigkeit der Trainer abhängen, ein Team aus Spielmachern zu Formen, welche ohne Probleme von Spiel zu Spiel flexibel agieren müssen und dürfen.







 






 





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