Grüße vom Grantler aus Bayern (3)
Weihnachten,
das Fest der Gäste
Neujahr,
das Fest der Begrüßung
und des Abschieds
Jetzt nahen sie wieder, die Feste, bei denen sich alle um den Hals fallen, "Frohe Weihnachten" und "Gutes Neues" wünschen.
Dabei Geschenke mitbringen, welche oft zu großer Selbstbeherrschung auffordern bzw. Zweifel aufkommen lassen, ob das "Gute Neue" auch so gemeint war.
Geschenke sollen ja ein Ausdruck der Wertschätzung und Achtung der oder des Beschenkten sein.
Und da beginnt das Problem: wie hoch bzw. intensiv ist die Wertschätzung und welche Wertschätzung erwarten die zu Beschenkenden?
Kinder zu beschenken ist heutzutage eher eine Kunst. Welche Interessen spielen mit, den Obletter, das Paradies für Kinderspielzeug gibt es ja nur noch in München.
Das Internet wurde zum neuen, riesigen Obletter, den man heute nicht mehr aufsuchen muss, sondern gemütlich auf dem Sofa, zusammen mit den Sprösslingen, dem Christkind Aufträge erteilen kann, welche es auch schnell und per Hauszustellung erledigt.
Wenn nur das verdammte Verpacken nicht wäre, welches zwar überflüssig ist wie ein Kropf, aber wichtig wie eine Kopfschmerztablette um Mitternacht.
Wer hat denn jemals die Mühe fürs Verpacken gelobt?
Alle reissen diese auf, wie Löwen, die gerade einen Springbock erlegt haben, um möglichst schnell an das zu kommen, was Geschenk oder Nahrung sein soll.
Bescherung heißt dieser, sich jährlich wiederholende Brauch, welcher viele während der Vorbereitung fast zur Verzweiflung treibt.
Bescheren, wer genau hinsieht weiß woher die Bezeichnung kommt: Mit der Schere werden die Geschenkpapier zu- und die Verzierungen abgeschnitten.
Krawatte: Wie viele hängen schon an der Krawattenschiene im Schrank? Vielleicht sollte mal eine Dunkelblaue oder Schwarze geschenkt werden, um bei Beerdigungen elegant gekleidet zu erscheinen.
Handgemalte Gutscheine ohne Wertangabe: Ich kenne eine Frau, welche diese gesammelt und in einem Bilderrahmen zu Weihnachten präsentiert hat. Mit den Worten: "Ab heute erledige ich keine Arbeiten im Haushalt mehr, bis alle Gutscheine eingelöst sind."
Ja, die Freiheit der Verspechungen kann schnell zum Gefängnis einzufordender Leistungen werden.
Am Ende, die Geschenke zur Entdeckung neuer Freizeitaktivitäten: Schnupperkurse wie Golf, Reiten, Vergolden, Stricken oder Häkeln und Teilnahmescheine an Handwerkskursen in Baumärkten oder Obstbaumpflege. Alles, um unter Menschen zu kommen, welche auch unter Menschen kommen sollen.
Ja warum dann nicht auch Kurse zur Grabpflege oder Vorbereitung auf die Beerdigung?
Von allem profitieren die Nachfahren, falls deren Wünsche und Erwartungen erfüllt werden können.
Wie sagte schon mein Großvater? "Oh weih, Oh weih, wenn da Christbaam brennt, dann woas des oide Jahr, es wird Zeit, dass zambackt und verschwindt."
Davor ist aber noch eine Pflichtaufgabe zweimal zu erfüllen: Fressauffei! Fressen, saufen, feiern!
Das unvermeidliche Weihnachtsessen dient der Krönung dieses Familienfestes. Vegan oder vegetarisch? Gans oder Ente? Chinasuppe und Sushi? Wer verträgt was?
Für Gastgeber eine Doktorarbeit bei der Vorbereitung, eine Professur für die Zubereitung und am Ende fast ein Nervenzusammenbruch.
Kaum hat man alle Weihnachtshürden geschafft, muss sich das alte Jahr, ein mittlerweile ungeliebter Gast, verabschieden, um einem neuen (Gast) Jahr Platz zu machen, welches bereits sadistisch angehaucht darauf wartet die Menschen dieser Welt mit vielen Fallen und Schlingen zu quälen.
Wie immer bei Gästen, man ist irgendwann heilfroh, wenn sie wieder gehen.
Für diese beiden Gäste wird geschossen, geballert, wieder gefressen und gesoffen, in der Hoffnung alles möge in den neuen Wochen und Monaten besser und schöner als das Feuerwerk werden.
Dabei wären viele schon froh, wenn es nicht schlechter wird.
Vorsätze werden gefasst. Vorsätze mit der Halbwertzeit einer Zigarettenlänge oder eines Pilsglases, Entschuldigung, eines Champagnerglases.
Dazu werden ausreichend Lachs, Fondue, Fisch und Käse gereicht, um der Bedeutung dieser berühmten juristischen Sekunde eines Jahresaustritts und Jahreseinmarsches gerecht zu werden.
Anderes sollte und darf ja zur Begrüßung des neuen Zeitgastes, welcher auch Wochen- Oder Monatsfresser genannt werden könnte, nicht verwendet werden.
Ein einfaches Servus mit einer Halben Helles und ein paar Wienern oder mit Leberkäs und dem passenden Senf dazu würde doch auch reichen.
Aber nein, in Smoking und Abendkleid im Theater oder in Ballsälen bei klassischer Musik oder einem Rigoletto auf der Bühne erträgt man diesen Abend, in der Hoffnung er möge schneller enden als man leiden kann.
Ja der Mensch und die Zeit, ein ewiger Kreislauf von kommen und gehen.
Nur, die Zeit ist immer, war immer und wird immer sein!
Der Mensch hat sich freiwillig zum Sklaven der Zeit gemacht bzw. die Zeit hat Sklaven gesucht, welche masochistisch veranlagt, die Zeit in Sekunden, Minuten, Stunden, Tage, Wochen Monate und Jahre einzuteilen, ohne zu wissen, dass Kalender und Uhr nur die Krücken menschlichen Denkens sind, Zeit aber die unendliche Energie des Universums.
Genau hier liegt der Fehler unseres Verhaltens welcher beim Denken seinen Ursprung hat.
Oskar Springer, der Grantler
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